• English
  • Deutsch

Hildegard Lernt Fliegen - The Fundamental Rhythm Of Unpolished Brains

Release

Hildegard Lernt Fliegen - The Fundamental Rhythm Of Unpolished Brains

Label: 
enja / yellowbird
Vertrieb: 
Soulfood
Kat.Nr: 
Yeb-7740
Promotion: 

TV Promotion, Print-Promotion, Radio-Promotion, Online Promotion

Booking: 

Handshake Booking

VÖ: 
28.03.2014
Hildegard Lernt Fliegen - The Fundamental Rhythm Of Unpolished Brains

„Es ist doch in der Musik genauso wie in anderen Disziplinen. Überall finden sich Künstler, die sich lange mit etwas beschäftigen und dann anfangen, zu abstrahieren. Das gilt für Jazz wie für Malerei oder Tanz." Andreas Schaerer, Sänger und Kopf der Band, bringt auf den Punkt, warum Hildegard lernt Fliegen so wunderbar individuell klingt. „Wir haben diesmal noch entschiedener als früher einfach gemacht, wozu wir Lust hatten. Unsere Musik ist aber insgesamt weit weniger abstrakt als vieles, was es im Jazz sonst zu hören gibt." Dem lässt sich nicht widersprechen. Zweifellos flirtet das 2005 gegründete Sextett mit komplexen und verdichteten Momenten, die aber stets Humor und Seele zeigen und nie akademisch werden.

„Ich gehe heute noch auf die Knie, wenn ich bestimmte Stücke von Frank Zappa höre", stellt Andreas Schaerer ohne Zögern fest, wenn die Sprache auf den Großmeister der virtuosen Anarchie kommt. „Dabei waren es nicht primär Zappas Kompositionen an sich, sondern seine Energie und Kompromisslosigkeit, die mich faszinierten." Das suggestive erste Stück des neuen Albums, Seven Oaks, lässt in seiner komplexen Form und dynamischen Entwicklung eine weitere Inspirationsquelle Schaerers durchschimmern: Strawinsky und die klassische Musik des 20. Jahrhunderts.

Der wuchtige, bewusst als Eröffnung komponierte Auftakt manifestiert eine neue ästhetische Konsequenz der Band. „Live haben wir die Zuschauer bislang stets durch eine dynamische Dramaturgie gefesselt", sagt Schaerer, „also anfangs eher dezente Stücke gespielt, um die Leute letztlich zu kollektiven Improvisationen und komplexeren Kompositionen zu führen. Bei The Fundamental Rhythm of Unpolished Brains sind wir aus diesem Korsett mal ausgebrochen." So spiegelt Hildegards viertes Album zu gleichen Teilen pure Spielfreude und selbstbewusste Souveränität. „Man muss das Publikum nicht immer mit Seidenhandschuhen anfassen," glaubt Schaerer und geht dabei auch von sich aus: „Ich mag es gerne, wenn ich eine CD einlege und diese mich sofort mit einem Energieschub fesselt."

Die Energie des Sextetts ist auf jeden Fall positiv, in übermütigen wie in nuancierten Passagen. Scharfkantige oder atmosphärische Bläsersätze, cool-lässige Attitüde und Detailschärfe, ausgeklügelte Kontraste und überraschende Assoziationen zeigen die Flexibilität aller Musiker. Wer Hildegard lernt Fliegen jemals bei einem ihrer packenden Konzerte gesehen hat, wird die enorme Bühnenpräsenz der Band kaum vergessen. Nicht von ungefähr tourte sie bereits in Russland und China, begeisterte das verwöhnte Londoner Publikum, spielte bei europäischen Festivals, in Theatern und in Underground-Clubs.

Am meisten verblüfft Andreas Schaerers ungewöhnliche Ausdruckskraft und akrobatische Spannweite. Mal klingt er wie der insistierende Zeremonienmeister eines Zirkus, mal schraubt sich sein Gesang in exaltierte Höhenlagen. Dazwischen streut er irrwitzige Scats, Beatbox-Phrasen und lautmalerische Kapriolen. Natürlich hat Schaerer das studiert, ebenso wie Komposition. Er liebt Songschreiber wie Tom Waits, Bob Dylan und Nick Drake; seine Jugend mit Pink Floyd klingt gelegentlich noch als fernes Echo in Hildegards Musik an, ebenso seine Verehrung für Gil Evans. Die raffinierten rhythmischen Kniffe basieren hingegen auf osteuropäischen Einflüssen, von denen die gesamte Band infiziert ist.

„Ich finde es super, wenn man sich erst mal mehr auf den Klang konzentriert", sagt Andreas Schaerer, „auch wenn die Texte natürlich einen Hintergrund haben." Zuweilen ist der Sinn nicht leicht zu entschlüsseln, lassen assoziative Bilder absichtsvoll Raum für eigene Interpretationen. Manche Zeilen in Pre & Post Sapients und Zeusler zeigen aber auch klare Haltung, fordern teilweise dazu auf, sich Gedanken über Zeitgeist und Konsum zu machen. Das Loslassen von alten Gewissheiten und Paradigmen zugunsten neuer, eigener Perspektiven zieht sich als imaginärer roter Faden durch Unpolished Brains, prägt die Musik ebenso wie die Poesie. „Zeuseln ist Schweizer Mundart und bedeutet zündeln", erklärt Schaerer, „der Text reflektiert darüber, wie weit man die Möglichkeit einer Eskalation in Kauf nimmt, indem man Erwartungen nicht erfüllt."

Gewitzt setzt Hildegard lernt Fliegen ängstlichen Biedermeiern frische Ideen entgegen, stürzt sich als Sandkorn ins Getriebe des Gleichklangs. Die Band lässt Konventionen hinter sich, erhebt Nonkonformismus nicht zum Dogma und zeigt bei aller Präzision umwerfenden Witz. Für Hildegards hinreißende Frechheiten weiß Andreas Schaerer eine griffige Formel: „im Jazz gibt's kein richtig oder falsch!".

Pressebilder: 

Hildegard Lernt Fliegen

Die sechsköpfige quirlige Band aus der Schweiz!

Andreas Schaerer (Komposition, Text, Gesang, Human Beatbox) ist die fleischgewordene Staatsoperette. Der Staat wurde 1976 im Wallis ausgerufen und schweigt seitdem nicht mehr stille. Was anderen als lästige Fliegen um den Hut schwirrt, fängt Andreas Schaerer ein und orchestriert es. Vom Garderobenpersonal zum Schnürmeister, vom Polsterer zur Bühnenfrau, vom Stellwerkbeleuchter über die Requisiteurin zum Chefdirigenten, alle entspringen seinem Hirn und landen im Mund.

Christoph Steiner werkelt und produziert, spielt Schlagzeug, Marimba, Schreibmaschine, Küchengeräte und was nicht niet- und nagelfest ist. 1980 hat er das Licht des Winterthurer Herbstes erblickt und ist seitdem von einer Geschäftigkeit, dass sich so mancher Zuschauer fragt, ob er während der Hildegardkonzerte noch einen Gemischtwarenhandel betreibt. Freilich einen, in dem selbst die schwindsüchtigste Maus eine P-Funk Party feiert. 

Matthias Wenger ist Tenor- und Sopran-Saxophonist sowie Flötist und vollendeter Gentleman, der Schalk sitzt ihm im Nacken und auf der Schulter die Muse. 1979 trat er auf die Bühne der Welt und verdingte sich die ersten paar Jahre als Stehgeiger, so muss es gewesen sein. Er ist die Human Jukebox und ein Rumpelstilz sondergleichen.

Marco Müller spielt den Kontrabass nicht, er ist mit ihm verzwirbelt und verwachsen, ein buckliges Geknöt, das dampft und stampft, ein archaisches Wurzelgemüse, das groovt wie Santaclaus' Motorschlitten. 1980 auf dem Heuboden eines Fribourger Bauernhofes zur Welt gekommen, ist er der Atlas der Hildegard. Er trägt ihr Himmelsgewölbe auf seinen Schultern und bettet sie auf federndem Stroh.

Andreas Tschopp ist ein Vogel im Posaunenpelz. Kurz nach seiner Geburt 1979 überholte er das Zürcher Tram rechts, nahm Paganini die Vorfahrt und trällerte mit einer Amsel im Duett. Wer ihn nicht liebt, liebt faulen Spinat. Er ist der sonnige Südpol der Band, bewahrt Ruhe in der Rush Hour und feiert Vogelhochzeit wenn alle schlafen gehen.

Benedikt Reising (Bariton- und Alt-Saxophon, Bassklarinette) wurde 1978 in Basel geboren und hat seither so einiges an Rohren und Röhren, gebogenen Metallen und rostigem Instrumentarium angehäuft, das er mit Nonchalance und Eleganz auf der Bühne wieder ausbreitet. Mit einem Lächeln im Augenwinkel und einem Foxtrott in der Hosentasche spielt er das Bariton, als wäre es eine Dinnerparty.